Die Lage für die Unternehmen ist ernst: Es wird immer schwieriger, gute Kraftfahrer zu finden. In unserem vergangenen Beitrag haben wir diese Situation anhand neuer Zahlen analysiert. Doch steht die Branche hilflos vor einem Problem, das sich immer weiter verschärfen wird? Nein, auch wenn es nicht die eine, alles verändernde Maßnahme gibt, so existieren doch Ansatzpunkte, um wieder mehr Menschen für den Beruf des Kraftfahrers zu begeistern.
Es ist eine Gemengelage aus unterschiedlichen Faktoren, die das Image des Berufs belasten. Lange Abwesenheit von zuhause, immer schlechter werdende Arbeitsbedingungen an und auf der Straße sowie relativ geringe Entlohnung – diese aktuellen Probleme lassen sich nicht leugnen oder ignorieren. Doch es gibt Ansätze, die zusammen einen Weg aus der aktuell unbefriedigenden Situation aufzeigen. Die Branche bemüht sich darum, den Beruf des Kraftfahrers deutlich attraktiver zu machen.
Technische Möglichkeiten nutzen
Die Arbeitsbedingungen sollen etwa verbessert werden, was auch auf das Image der Tätigkeit abstrahlt, so die Überlegung. Größere und komfortablere Fahrerkabinen werden diskutiert, auch eine eigene Toilette an Bord des LKW. Außerdem könnte auch das autonome Fahren, das von manchen Akteuren als Bedrohung gesehen wird, künftig sogar zu einer großen Hilfe im Berufsalltag der Kraftfahrer werden. Durch intelligente Technik und Assistenzsysteme im LKW kann die Arbeit des Fahrpersonals komfortabler, simpler und auch wesentlich sicherer werden. Doch nicht nur die Fahrzeughersteller können ihren Beitrag leisten, um die Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals in Zukunft deutlich angenehmer werden zu lassen.
Politik ist gefordert
Große Möglichkeiten besitzen auch die politischen Entscheider, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Es ist dringend geboten, dass die Entscheidungsträger die Infrastruktur an das weiterwachsende Verkehrsaufkommen anpassen. Allein der Investitionsstau bei den deutschen Autobahnen erschwert das Leben des Fahrpersonals. Und auch die Situation entlang der Schnellstraßen ist belastend: Der Mangel an Stellplätzen stresst die Kraftfahrer noch zusätzlich, wenn sie Pause machen wollen oder müssen. Es ist dringender denn je geboten, deutlich in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren, denn es ist nicht absehbar, dass sich die Situation auf und längs der Autobahnen entspannen wird. Allein der Boom des Online-Handels wird dafür sorgen, dass der Lieferverkehr auf den deutschen Straßen weiter zunehmen wird. Die deutsche Politik ist deswegen umgehend gefordert, Engpässe zu beseitigen, auch um den Beruf des Kraftfahrers wieder attraktiver zu machen.
Pragmatische Entscheidungen sind gefragt
Ganz pragmatisch umsetzbar und sofort wirksam wäre etwa eine effizientere Planung und Abarbeitung der Baustellen auf den Autobahnen. Denn Baustellen sind häufig die Ursache für Staus. Und natürlich müssen weitere Raststätten entlang der Schnellstraßen genehmigt und gebaut werden. Doch auch die Entscheidungsträger der EU sollten wesentlich dazu beitragen, die Situation des Fahrpersonals zu verbessern. Eine dauerhafte Flexibilisierung der Pausen- und Lenkzeiten könnte hierzu eine wesentliche Maßnahme sein. Wobei die Verantwortlichen bereits im Jahr 2019 eine Entscheidung getroffen haben, die den Arbeitsalltag der Kraftfahrer erleichtert hat. Seitdem sollen die Lkw-Lenker nur noch maximal vier Wochen am Stück in Europa unterwegs sein. Die Zeiten, in denen viele Kraftfahrer monatelang von zuhause weg waren, sind somit vorbei.
Initiativen unterstützen und werben
Die Transportbranche ist indes nicht untätig geblieben. Mehrere Initiativen arbeiten daran, die Arbeitsbedingungen der Kraftfahrer und das Image des Berufs zu verbessern. Der Zusammenschluss #Logistikhilft hat sich etwa dafür eingesetzt, die untragbaren hygienischen Zustände während der Corona-Pandemie zu verbessern. Beteiligt sind hier unter anderem das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Der BGL hat bereits im Jahr 2019 den Zusammenschluss „PROFI“ gegründet, der das Image der Logistikbranche und der beruflichen Tätigkeit Kraftfahrer verbessern will. Ein Ziel des Fördervereins ist es, die Ausbildungsbedingungen des Berufs künftig attraktiver zu gestalten, um mehr junge Leute anzuziehen. Der Verein „Die Transportbotschafter“ wiederum will erreichen, dass die Kraftfahrer die Wertschätzung in der Öffentlichkeit bekommen, die ihnen aufgrund ihrer systemrelevanten Tätigkeit zusteht.
Neue Zielgruppen ansprechen
Die Transportbranche möchte außerdem neue Zielgruppen ansprechen, sie für den Beruf des Kraftfahrers gewinnen. Frauen am Lkw-Steuer sind etwa immer noch extrem selten, nur 1,9 Prozent der Kraftfahrer sind weiblich. Mit speziell auf die Damen zugeschnittenen Kommunikationsmaßnahmen möchten manche Akteure diese ungleiche Geschlechterverteilung zumindest etwas abbauen. Auch Menschen mit Migrationshintergrund wollen Speditionen und Werksverkehre künftig stärker umwerben. Deswegen appellieren Vertreter der Unternehmen, den Zugang zum Beruf des Kraftfahrers für diese Zielgruppe zu erleichtern. Die Fragebögen bei der schriftlichen Prüfung sollten etwa in einfachem Deutsch verfasst sein, schlagen Branchenmitglieder vor. Natürlich spielt auch die Bezahlung eine Rolle. Die Gehälter sind allerdings in der jüngeren Vergangenheit merklich gestiegen. Und was nicht zu vernachlässigen ist: Der Job als Kraftfahrer ist ein relativ sicherer, man muss nicht nächtelang schlaflos wegen der Sorge um den Arbeitsplatz wach liegen.
Wertschätzung zeigen
Fast noch wichtiger als die Entlohnung sind die so genannten weichen Faktoren im Umgang mit dem Personal. Leider werden sie häufig vernachlässigt. Nicht selten ist der Umgangston mit den Kraftfahrern rau, werden sie nicht als erfolgsentscheidende Mitglieder des Teams behandelt. Das ist leider immer noch ein schwerer, oft vorkommender Fehler in unserer Branche. Erfolgreiche Unternehmer haben diesen Missstand längst erkannt und ihn abgestellt. Mit wertschätzendem Umgang hält man Kraftfahrer und gewinnt Nachwuchs. Gehalt ist hierbei nur ein Faktor, das gilt es immer wieder zu betonen, häufig nicht mal der entscheidende. Doch ein Entlohnungssystem, das nach fairen und objektiven Kriterien überdurchschnittliche Leistung des Fahrpersonals belohnt, ist ein wirksames Mittel, um Wertschätzung zu zeigen. Unser Prämienlohnsystem ist derart ausgestaltet, dass Kraftfahrer, Unternehmen und Umwelt profitieren. Es kann ein wesentlicher Mosaikstein sein, um gutes Fahrpersonal zu binden oder zu akquirieren. Ein Mosaikstein, der unbedingt durch menschliche, respektvolle Behandlung des Fahrpersonals ergänzt werden sollte.